Fachpraktikerausbildung als Erfolgsmodell
Ausbildung sichert Zukunft: Auszubildende erhalten eine berufliche Perspektive, Unternehmen sichern ihren Personalbedarf von morgen. Doch was tun, wenn junge Menschen aufgrund einer Schwerbehinderung nicht in der Lage sind, die Regelausbildung zu absolvieren? Dann kommt eine sogenannte Fachpraktiker- oder Werkerausbildung in Betracht, bei der fachpraktische Ausbildungsinhalte stärker gewichtet werden, während die Theorie reduziert wird. Voraussetzung ist, dass die zuständigen Ausbildenden eine Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation für Ausbilder (ReZA) besitzen, was auf manche abschreckend wirkt. Wie es gehen kann, zeigt ein Beispiel aus dem Landkreis Harburg.
Stefanie und Joachim Becker betreiben in Rosengarten vor den Toren Hamburgs einen landwirtschaftlichen Betrieb in elfter Generation. Im vergangenen Jahr boten sie erstmals die Ausbildung zur Landwirtin/zum Landwirt an. Unter den Bewerbern war ein junger Mann mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80, der nicht die Regel-, sondern eine Werkerausbildung anstrebte – für den Betrieb absolutes Neuland, so Stefanie Becker: „Ein solcher Ausbildungsplatz war ursprünglich nicht vorgesehen, der junge Mann hat uns aber aufgrund seiner Persönlichkeit überzeugt, mit ihm diesen Weg zu gehen und einen entsprechenden Ausbildungsplatz zu schaffen.“
Also hieß es zunächst Informationen sammeln, Unterstützung finden. Die Agentur für Arbeit verwies an die zuständige EAA in Lüneburg. Fachberaterin Mira Tatjana Huelmann organisierte sogleich einen Ortstermin gemeinsam mit dem Integrationsfachdienst, um Details zu besprechen und Fördermöglichkeiten auszuloten. Ergebnis: Ein monatlicher Lohnkostenzuschuss über das Programm „Arbeit ohne Hindernisse“ wäre das Richtige. „Das war völlig unkompliziert“, sagt Stefanie Becker, „die EAA hat uns beraten und bei der Antragsstellung unterstützt.“ Und bereits nach eineinhalb Wochen lag der Bewilligungsbescheid vor!
Es konnte also losgehen. Anfangs musste sich alles etwas „zurechtruckeln“, Geduld war gefragt: Dinge mehrfach erklären, Abläufe anpassen, die anderen Beschäftigten mitnehmen. „Mit der Zeit hat sich aber herauskristallisiert, wie welche Theorie vermittelt werden kann, und welche Aspekte zunächst unter den Tisch fallen müssen“, sagt Stefanie Becker. Und der Auszubildende profitiert: „Wir freuen uns immer aufs Neue über seine Fortschritte, die sich neben dem fachlichen auch auf die sozialen Aspekte durch die Integration in den Betrieb ergeben. In dem einen Jahr ist er ein gutes Stück selbstbewusster und selbstständiger geworden.“
Parallel startete Joachim Becker die vorgeschriebene ReZA-Ausbildung. Zunächst mit einem Online-Kurs, wo ihm aber ein wenig der Praxisbezug und der Austausch mit anderen Teilnehmenden fehlte, weshalb er später in einen Präsenz-Kurs wechselte, sagt seine Ehefrau: „Hier war der Nutzen wirklich groß, sowohl aufgrund des Lehrstoffes als auch durch die Gespräche mit den anderen Kursteilnehmern.“
Fazit: ein zufriedener Azubi und ein zufriedener Chef, der neue Kompetenzen erworben hat. Eine echte Erfolgsstory und zur Nachahmung wärmstens empfohlen…

